Focusing / als Ergänzung zu Beratung und Therapie

Was ist Focusing?

Jedem Menschen ist das plötzliche Spüren seines inneren Erlebensflusses als Intuition bekannt; dann nämlich, wenn sich eine Entscheidung ganz von selbst als „stimmig“ anfühlt. Und immer wieder, insbesondere in Phasen des Wachstums und der Veränderung werden einem selber Änderungen im Erleben deutlich, weil viele der Änderungen in all den körperlich-leiblichen Prozessen, in denen das Leben sich „entfaltet“ und der Mensch dabei - ganz individuell - auf eine größere Gestalt(ung) hin wächst, selbstreflexiv erfahrbar sind. Das ist ein natürlicher Prozess (dazu braucht es kein Focusing).

Focusing anzuwenden heißt, sich diese achtsame Hinwendung zum Körper (als dem eigentlichen Experten, der am besten weiß, was man braucht) als bewussten Prozess zunutze zu machen.

Ergänzung aus den Neurowissenschaften:

Neurobiologisch wird diese Sichtweise unterstützt durch das Wissen über die ständig aktiven Wechselwirkungen zwischen dem Gehirn (bestehend aus Neocortex, Mittelhirn, Stammhirn) und den von dort ausgehenden afferenten Wirkungsweisen des Zentralen Nervensystems in die peripheren Bereiche unseres Körpers, und unserem Bauchgehirn (dem Enterischen System) und dessen efferenten Impulsen, die von der Peripherie aus zum Gehirn aufsteigen und auf unsere „Schaltstellen im Kopf“ wesentlich mehr Einfluss nehmen, als uns gemeinhin bewusst ist.

Diesen Körper (den Körper als organismischen Prozess) befragen wir im Focusing. Und wir machen uns damit auf die Suche nach den uns für gewöhnlich nicht bewussten inneren Anteilen: nach unklar gebliebenen Wünschen, impliziten Handlungstendenzen und unbewussten Bildern oder nicht bewusst erinnerten Vorstellungen.

Wo und wie sind Methode und Philosophie des Focusing einzuordnen?

  • Focusing ist - nach seinem Begründer Eugene T. Gendlin - eine psychologische Methode, die philosophisch untermauert, empirisch überprüft und klinisch erprobt ist.
  • In ihrem Zentrum steht das achtsame Wahrnehmen des körperlichen Erlebens, das Gendlin „Experiencing“ nannte.
  • Focusing zu betreiben bedeutet daher, „der Stimme des Körpers zu folgen“.
  • Aus diesem inneren „Experiencing“ können sich unter bestimmten Bedingungen lösungsorientierte Schritte entfalten - Denkschritte und Heilungsschritte zugleich, wie Johannes Wiltschko sagt.
  • Als Methode angewandt, dient Focusing der Innenschau & einem effizientem Selbst-Management. Auch beschreibt es den Kernprozess persönlicher Veränderung.
  • Metaphorisch könnte man sagen: Focusing gleicht einem „inneren Ankommen bei sich selbst“.
Focusing kann als eine körperbasierte Weiterentwicklung von Carl R. Rogers' humanistischem Ansatz für Psychotherapie & Beratung beschrieben werden. Entwickelt wurde es von Gene Gendlin.

Literaturempfehlung:

  • Gendlin, Eugene T. (1978): Focusing. Selbsthilfe bei der Lösung persönlicher Probleme. Otto Müller: Salzburg 1981
  • Gendlin, Eugene T. (1986): Dein Körper - dein Traumdeuter. Innere Achtsamkeit: mit Focusing Träume verstehen. Klett-Cotta: Stuttgart 2009
  • Gendlin, Eugene T. (1996): Focusing-orientierte Psychotherapie. Ein Handbuch der erlebensbezogenen Methode. Pfeiffer: München 1998
  • Gendlin, Eugene T. (2015): Ein Prozessmodell. Karl Alber: Freiburg München, 2. Aufl. 2016
  • Gottstein, Martin (2016): Focusing und Märchen. Finde den Schlüssel zu deinem inneren Schatz. tredition GmbH: Hamburg
  • Renn, Klaus (2006): Dein Körper sagt dir, wer du werden kannst. Focusing - Weg der inneren Achtsamkeit. Herder: Freiburg Basel Wien
  • Renn, Klaus (2016): Magische Momente der Veränderung. Was Focusing bewirken kann. Kösel: München
  • Wiltschko, Johannes (2010): Hilflosigkeit in Stärke verwandeln. Focusing als Basis einer Metapsychotherapie. Bd.1. Ed. Octopus: Münster
  • Wiltschko, Johannes (2011): Ich spüre, also bin ich! Nicht-Wissen als Quelle der Veränderung. Bd.2. Ed. Octopus: Münster

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Bemerke, was sich in dir drinnen tut!
Sonst drängt es vielleicht eruptiv ans Licht.

Nächtliche Fahrt. - Einsamkeit & Selbstbestimmung
liegen nahe beieinander.

Horch auf deinen Atem, er fließt…
Spüre dabei nach, wie du geerdet bist.

Zitate:

Die höchste Form menschlicher Intelligenz
ist die Fähigkeit zu beobachten, ohne zu bewerten.

(Jiddu Krishnamurti)

Wollen, aber nicht zwingen.
Wünschen, aber nicht Befriedigung verlangen.
Tätig sein, aber nicht handeln, um etwas zu erreichen.
Wahrnehmen, aber ohne Absicht.
Warten, aber nicht
aushalten, einschlafen oder resignieren.
Absichtsloses Dasein.
Freudiges Erwarten.
Dem, was ist, ins Auge schauen und ihm entgegengehen.
Das ist die Haltung,
in der wir Paradoxien begegnen.
Das ist die Haltung,
in der sich Hilflosigkeit in Stärke verwandelt.

(Johannes Wiltschko)

Um klar zu sehen,
genügt oft ein Wechsel der Blickrichtung.

(Antoine de Saint-Exupéry)